Beim Kopieren von Bildern ist das
Wissen um die Grundregeln der Komposition nicht nötig, da dies in der Regel der
Urheber des kopierten Bildes hatte, auch wenn man sich dessen selten bewusst
wird.
Sobald man aber an die Realisierung eigener Ideen und an deren Umsetzung auf dem
jeweiligen Medium denkt, sollten einige dieser Grundregeln bedacht werden und
somit auch bekannt sein.
Henri Matisse sagte zu dem Thema Komposition: „Komposition ist die Kunst, alle
Elemente, mit denen der Maler seine Empfindungen ausdrücken möchte, dekorativ
zu verteilen“
Das hört sich zwar einfach an, erweist sich in der Praxis allerdings meistens
als äußerst schwierig. Umsonst wird Matisse es nicht als Kunst
bezeichnet haben, die Elemente eines Bildes dekorativ zu verteilen, so daß sie
das Auge des Betrachters ansprechen. Neben dem Motiv, dem Thema, dessen
Interpretation und den Farben, hat die Komposition des Gesamtwerkes
entscheidenden Einfluss auf die spätere Wirkung des Bildes auf den Betrachter.
Ein Bild kann durch eine schlechte Komposition langweilig wirken oder aber so
wirr, daß es schwer fällt, den Bildinhalt zu identifizieren.
Eine „einfache“ Regel zur Komposition hat der griechische Philosoph Platon
aufgestellt. „Komponieren heißt, Vielfalt innerhalb der Einheit und Einheit
innerhalb der Vielfalt zu schaffen.
Komposition heißt also, eine Beziehung zwischen den Bildelementen zu erzeugen
und diese Beziehung mit dem Bildformat und der Auswahl der Farben zu unterstützen.
Welche Wirkung ein Bild auf den späteren
Betrachter haben soll, kann man mit vielen Faktoren bestimmen. Dies fängt bei
der Auswahl des Bildformates an, wobei hier zunächst nur rechteckige Quer- oder
Hochformate gemeint sind. Diese können ein optisches Gleichgewicht haben oder
aber auch nicht. Dieses Gleichgewicht zu finden, gehört mit zur Komposition.
Ein hochformatiges Bild wirkt dynamisch, beweglich oder stehend. In Abhängigkeit
von seiner Breite kann es aber wenig gleichgewichtig aussehen. Ein Querformat
wirkt dagegen liegend, stabil und unbeweglich, bei einer geringen Höhe aber
ebenfalls nicht gleichgewichtig. Das Quadrat strahlt eine gewisse Kompaktheit
aus und wirkt eher expressionistisch/auffällig. (Aber immer gleichgewichtig!).
Als weitere Formen sind der Kreis und das Dreieck zu nennen.
Der Kreis wirkt immer beweglich, da wir damit ein Rad oder einen Ball
assoziieren. In Abhängigkeit von seinem Volumen wirkt er gleichgewichtig oder
nicht. Je voluminöser, desto gleichgewichtiger.
Die Wirkung eines Dreieckes hängt stark von seiner Standfläche ab. Steht das
Dreieck auf einem seiner Schenkel, so wirkt es statisch und unbeweglich
(gleichgewichtig). Wird es hingegen auf eine Spitze gestellt, entsteht eine
instabile Wirkung, die auch mit einem nach unten weisenden Pfeil assoziiert
wird. Diese Pfeilwirkung funktioniert in jede Richtung, außer nach oben, da
hier wieder die statische Wirkung erzielt wird.
In Abhängigkeit davon, ob man eine festgelegte Fläche bemalt oder das Bildformat in Lage und Größe selbst wählbar ist, gibt es verschiedene Arten, den Malgrund einzuteilen, ein gleichgewichtiges Format und das Interessenzentrum des Malgrundes zu finden:
Will man ohne Vorgaben eines
maschinell gefertigten Malgrundes seine Leinwände etc. selbst aufspannen und
vorbehandeln, kann man das „gleichgewichtige“ Format ebenfalls mit dem
Goldenen Schnitt errechnen/erarbeiten.
Ausgehend von einem Quadrat, dessen Seitenlänge entweder die Höhe oder Breite
(je nach gewünschter Formatlage) des späteren Bildes ausmacht, entwirft man
das „Goldene Rechteck“.
Man zeichnet eben dieses Quadrat und setzt exakt das gleiche Quadrat daneben, so
daß man ein Rechteck im Längenverhältnis 2:1 erhält. Anschließend zieht man
eine Verbindungsgerade, beispielsweise von der linken unteren in die obere
rechte Ecke. (Siehe Abb. 1 )
|
Auf dieser Verbindungsgeraden zeichnet man eine
Senkrechte in die rechte untere Ecke. (Siehe Abb. 2)
|
|
|
Egal, wie man letztlich sein Bildformat ermittelt hat, so ist dies doch nur der Anfang der Komposition. Die Verteilung der Bildelemente spielt die weitaus wichtigere Rolle.
Das Interessenzentrum einer vorgegebenen Malfläche ermittelt man mit dem sogenannten „Goldenen Schnitt“ Hierbei multipliziert man die Höhe und die Breite des Malgrundes (z. B. Reinzeichenkarton, Leinwand etc.) mit der „Goldenen Zahl“ 0,618. Als Ergebnis erhält man für Höhe und Breite jeweils eine Zahl, die man an der jeweiligen Seite als Maß abmisst.
Beispiel:
50x70 cm Reinzeichenkarton soll als
Querformat verwendet werden
Höhe 50 cm x 0,618 =30,9
Diese Zahl wird in cm umgesetzt und auf der Höhe abgemessen. An diesem Punkt
wird eine Waagerechte über die gesamte Breite (70 cm) gezogen. Diese Linie
legt gleichzeitig auch die bestmögliche Horizontlinie fest.
Breite 70 cm x 0,618 = 43,26
Diese Zahl wiederum als cm-Maß an der Breite abmessen und an dem sich
ergebenden Punkt eine Senkrechte über die gesamte Höhe ziehen.
An dem sich ergebenen Schnittpunkt der Waagerechten und Senkrechten liegt das
Interessenzentrum des Bildes bzw. des Formates. In diesem Zentrum sollte das Hauptelement des
Bildes liegen, um das sich das Bild aufbaut.
Hier kommt wieder Platons Regel zur Geltung: „Vielfalt in der Einheit und
Einheit innerhalb der Vielfalt“. Genau dessen bedarf es bei der „dekorativen
Verteilung“ der einzelnen Bildgegenstände.
Die Elemente sollten sich auf unterschiedlichen Ebenen befinden, um dem
Betrachter ein interessantes Bild zu bieten. Die Formen aller Elemente sollten
gut erkennbar und die einzelnen Gegenstände/Personen noch als solche zu
identifizieren sein. Das gewählte Format sollte gleichmäßig ausgenutzt und
nicht einseitig mit Bildelementen überlastet werden.
Zu berücksichtigen ist natürlich auch, dass nicht alle Menschen gleiche Empfindungen zu Proportionen und Harmonie haben. Wenn man jedoch all die vorstehend genannten Regeln beim Malen bedenkt, wird ein zukünftiger Betrachter Freude an dem Bild haben und ggf. das Bild mehrmals betrachten, ohne das Interesse zu verlieren.
Markus Jander